Gastreferent: Johannes Schartau (Bigpoint GmbH)
Seit mehreren Jahren können wir die wachsende Beliebtheit verschiedener Stufenmodelle in unserer agilen Welt beobachten. Irgendwo zwischen Philosophie und Wissenschaft angesiedelt beschreiben diese jeweils die Entwicklung bestimmter Eigenschaften von Individuen, Kollektiven oder sozialen Systemen. Besonders oft hört man von Spiral Dynamics®, Tribal Leadership und Reinventing Organizations. Gerade diese drei sind beliebte Themen für Konferenzen und Vorträge und werden gerne weitestgehend unreflektiert als Coaching-Mittel vorgestellt. Außer Acht gelassen wird oft, woher diese Modelle kommen, wie die Schlussfolgerungen generiert wurden und in welchen Kontexten diese überhaupt eingesetzt werden können. Kritiker bemängeln darüber hinaus oft, dass etwas Komplexes, wie beispielsweise menschliche Wertesysteme, von einem linearen, hierarchischen Modell ungenügend erfasst werden können, dass Menschen vorschnell in Schubladen gesteckt werden und dass solche Modelle zu einem unangebrachten Wettlauf an die Spitze der Hierachie verleiten. Aber sind sie deswegen gleich wertlos?
In diesem Vortrag möchte ich die Geschichte von Stufen- und Entwicklungsmodellen erforschen, die wissenschaftlichen Hintergründe beleuchten und eine Gesamtschau über verschachtelte Kontexte hinweg bieten. Dabei sollen neben den drei exemplarisch genannten Modellen noch eine große Menge weniger bekannter Modelle, wie z.B. Robert Kegans Orders of Consciousness, Bill Torberts Action Inquiry und das Leadership Agility Modell von Bill Joiner und Steven Josephs zur Sprache kommen und kritisch hinterfragt werden. Ein großer Fokus wird darauf gelegt, übergreifende Muster zu erkennen und Lehren zu ziehen, die besonders für Coaches im agilen Arbeitsalltag wertvoll sein können. Diese Modelle können uns helfen, Schwierigkeiten bei unserer agilen Transition aufzudecken, Missverständnisse im Umgang mit unseren Kollegen zu entschärfen und vor allem die Frage zu beantworten “Warum sind wir eigentlich agil und warum gerade jetzt?”
In einen anderen Zusammenhang gestellt können Stufenmodelle eventuell sogar empathiefördernd sein und für mehr Offenheit und Präsenz sorgen.
Dabei soll der Vortrag keine rein wissenschaftliche Abhandlung werden, sondern das Thema mit Humor und Leichtigkeit illustrieren und vor allem zum individuellen und kollektiven Nachdenken anregen.