Auf der diesjährigen Work in Progress 2014 am 14. März 2014 in Hamburg ging es um das Thema “Gute Arbeit”. Dabei wurden drei unterschiedliche Aspekte betrachtet: das Individuum, das Unternehmen und die Gesellschaft.
Zum Aspekt Unternehmen haben Magdalena Bethge (Jimdo), Daniel Rahaus (Phineo) und ich (oose) zusammen mit den beiden HR-Chefs Petra Meinking (Tchibo) und Frank Kohl Boas (Google) und unter Moderation von Jonathan Imme (ignore gravity) das Thema “Wie geht gute Arbeit in Unternehmen? – Auf der Suche nach der Gute Firma-Formel” bearbeitet.
Mein Impulsvortrag trug den Titel “Besser arbeiten ohne Chefs?” und den Inhalt gebe ich in diesem Blogbeitrag wieder.
Mythos Führungskraft
Führungskräfte sind ja angeblich notwendige rationale und objektive Entscheidungsinstanzen. Da hinter steckt ein einfaches und kausales Denkmodell:
- Um die richtige Entscheidung zu treffen, ist umfassendes Wissen notwendig.
- Deswegen wird lokales Wissen bei der Führungskraft gesammelt und zu Kennzahlen und Kernaussagen verdichtet.
- Die Führungskraft hat umfassenderes Wissen und kann deswegen besser entscheiden.
- Entscheidungen fallen rational auf der Basis von Fakten.
Entscheiden und Handeln sind hier getrennt. Oben wird gedacht, unten gemacht. Und damit die unten auch tun, was die oben wollen, gibt es
- Macht und Kontrolle über Budget, Ressourcen, Beurteilung, Beförderung, Prämien, Aufgaben, Rollen, Gehalt, Privilegien etc.
- Vorhersage und Kontrolle – darin impliziert Misstrauen
Es geht darum, Einzelinteressen ausgleichen. Und immer und immer wieder um die Frage: Wer soll was bis wann machen?
Ist Management rational? Nein, Führungskräfte haben Träume, Ängste, Gefühle, ein Ego und eigene Interessen. Auch bei ihnen geht es um Anerkennung und Vertrauen.
Ist ihr Wissen objektiv? Nein, es wird auf dem Weg durch die Hierarchie gefiltert, verzerrt, interpretiert, getilgt, isoliert und versetzt etc.
Doch gerade das Wesen des Wissens hat sich grundlegend verändert. Fast die Hälfte aller Berufstätigen in Deutschland sind mittlerweile Wissensarbeiter.
Ko-Kreation: Vom vernetzten Wissen zum gemeinsamen Können
In der unserer aktuellen vernetzten und komplexen Ökonomie geht es darum, vom Wissen zum Können zu kommen. Früher war Wissen Macht. Heute müssen Mitarbeiter verschiedener Fachgebiete ihr Wissen immer spontaner und unvorhersehbarer zusammen bringen und damit ein gemeinsames Ergebnis erarbeiten.
Es geht nicht mehr allein darum, Wissen zu haben, das ist immer nur einen Klick entfernt, sondern es zur praktischen Anwendung zu bringen, also zum Können zu kommen. Und eben nicht alleine, sondern gemeinsam.
Dafür bauchen wir T-förmig qualifizierte Mitarbeiter: Spezialist in 1 – 2 Fachgebieten aber Generalist genug, um andere Disziplinen zu verstehen.
Und darum dann einen Mantel mit Soft Skills: Kommunikation, Moderationsverfahren, Willensbildungs- und Entscheidungsverfahren, Konfliktführung.
Der Schwerpunkt der Soft Skills ist hier ein anderer als im klassischen Führungskräfteseminar. Hier geht es nicht um hierarchische Führung (bspw. “Wie führe ich ein Ziel- und Beurteilungsgespräch?”), sondern um kollegiale Führung und kollegiales Coaching.
Anders als Produktions- und Servicemitarbeiter lassen sich solche Wissensarbeiter nicht per Anweisung steuern. Auch werden sie per Zielvereinbarung weder unternehmerisch noch kreativ.
Dilemma des Managements in Sandwich-Positionen: Schizophrenie
Das untere und mittlere Management gerät in ein Dilemma, weil es von oben mit irrsinnigen quantitativen Vorgaben getrieben wird. Und nach unten hin sollen die Führungskräfte offen, ehrlich, partizipativ, empathisch, authentisch und am Besten mit emotional resonanzfähigen Visionen und Persönlichkeit führen. Die dazu möglicherweise passende Krankheit hat im medizinischen Diagnoseklassifizierungssystem ICD-10 der WHO den Code F44.81 – im Volksmund auch Schizophrenie genannt.
Zur vermeintlichen Lösung dieses Dilemmas und ihrer vermeintlichen persönlichen Defizite besuchen diese armen Schweine immer subtilere Führungskräftetrainings oder lesen ein neues Managementbuch nach dem anderen. Viele dieser Trainings und Bücher sind vermutlich richtig gut. Sie beseitigen aber nicht das Dilemma.
Trennt die Personalunion von Management und Leadership!
John P. Kotter, Professor für Führungsmanagement an der Harvard Business School, der den Begriff „Leadership“ maßgeblich prägte, meinte dazu: ”Niemand kann Leader und Manager in einem sein.“
Die Lösung liegt also eher in der Veränderung des organisatorischen Rahmens. Wer disziplinarisch vorgesetzt ist und wer inhaltlich führt – das müssen zwingend verschiedene Personen sein: Trennt die Personalunion von Management und Leadership (siehe auch Unterscheidung von Management und Leadership)!
Im Folgenden gebe ich drei Beispiele wie das organisiert werden kann.
Führungsarbeit statt Führungskräfte
Unter einer Führungskraft verstehen wir gemeinhin eine feste, dauerhafte Position in einem Unternehmen mit der primären Aufgabe, zu führen. Also Führung als Vollzeitaufgabe und mit hierarchisch legitimierter Macht.
Führung kann aber ebenso auch als Führungsarbeit gedacht und praktiziert werden. Also als flexibler, kontextspezifischer Aspekt und Zusatzaufgabe zur operativen Arbeit mit situativ akzeptierter Macht. Führung als prinzipiell integraler Bestandteil der Arbeit eines jeden Mitarbeiters.
Führungskräfte an sich sind gar nicht notwendig (in gewissen Maßen aber vielleicht dennoch sinnvoll), um ein Unternehmen zu organisieren. Führungsarbeit ist eine Alternative. Hauptsache, es wird verantwortungsvoll im Sinne des Ganzen entschieden und gehandelt.
Kreise statt Abteilungen
Eine weitere Möglichkeit, Führung und Organisation anders zu denken, sind Kreise an Stelle von Abteilungen. Eine Abteilung ist üblicherweise dadurch gekennzeichnet, dass ein Mitarbeiter genau einer Abteilung angehört. Diese wird dann von einer Abteilungsleitung geleitet, die die Interessen der Abteilungsmitglieder untereinander ausgleicht und die auch die Interessen der Abteilung gegenüber der umgebenden Organisation vertritt und koordiniert.
Alternativ können auch Führungskreise gebildet werden. Mitarbeiter arbeiten in allen Kreisen mit, in denen es sinnvoll ist. Und die Kreise benennen Ansprechpartner oder entsenden gegenseitig Vertreter in andere Kreise, wenn die Kreise ihre Arbeit koordinieren müssen. Dies kann für jede Schnittstelle und Koordinationsrichtung eine andere Person sein. Hierzu werden Rollen und Zuständigkeiten definiert. Aber es ist eben nicht immer ein und dieselbe Person, die alle Interessen vertritt und koordiniert.
Pfirsich statt Hierarchie
An Stelle von Hierarchie kann man Organisation auch als Pfirsich denken. Dieses Modell geht auf eine von Gerhard Wohland eingeführte Unterscheidung zurück, die zwischen Peripherie und Zentrum. Als Peripherie bezeichnet Wohland alle Rollen bzw. Aufgaben (nicht aber Personen), in denen ein direkter Kontakt zum Markt und zu den Kunden besteht. Als Zentrum bezeichnet er alle, die die Peripherie direkt oder indirekt unterstützen.
Im Zentrum stehen also Dienste wie Personalwesen (HR), Buchhaltung, Controlling aber ebenso auch Innovation, Produktentwicklung etc.
Der Markt (be-) zieht Leistungen und Produkte aus der Peripherie des Unternehmens. Die Peripherie wiederum (be-) zieht Leistungen aus dem Zentrum. Dies führt zu einer durch Markt und Kunden getriebenen Organisation an Stelle einer vom Zentrum getriebenen Organisation. Die Wertschöpfung treibt die Entscheidungen, nicht mehr eine zentrale Bürokratie, wie dies bei einer sich ausdifferenzierenden Hierarchie tendenziell passiert.
Das waren drei Beispiele für mehr Selbstorganisation und es gibt Dutzende weitere, die wir und immer mehr andere Unternehmen wie bspw. unsere Kollegen von it-agile, Darkhorse, Andrä AG, Kessels & Smit, intrinsify!me, Jimdo, hhp berlin, Vollmer & Scheffczyk und viele andere ausprobieren oder praktizieren.
…noch ein Nachtrag zu meinem Comment von vorhin (gerne zusammenfügbar):
Außer dem Alternativ-Modell von HHP Berlin gibt es noch eine weitere andere Vorstellung, was ein Unternehmen ins Zentrum Stellen kann (und vielleicht auch: sollte).
Dieses Modell wird für mich „perfekt performed“ in folgendem Youtube-Video von dem amerikanischen Ex-Geschäftsführer Gregg Kendrick, und zwar ziemlich genau ab Minute 50:00:
http://www.youtube.com/watch?v=m2Qb8VPOWLs
Denkt man hier weiter, steht noch nicht einmal das Kundenbedürfnis oder die Kollegen mit Kundenkontakt „im Zentrum“, sondern vielmehr das WIR, die Identität und die geteilte Mission (shared purpose) des Unternehmens. Zu diesem können sich ALLE Mitarbeiter, egal was sie tun, gleich unmittelbar verhalten. – Ein wenig erinnert das dann an den Unterschied zwischen Protestantismus, in dem „alle gleich unmittelbar zu Gott“ sind und der Vermittlung des Göttlichen via eine Hierarchisch aufgebaute Organisation in der katholischen Kirche (Gott –> Papst –> Kardinäle –> Bischöfe –> Priester –> Laien).
Organisatorisch wie Ideell heißt das, dass ALLE Mitarbeiter an der Erfüllung der gemeinsam definierten Kundenbedürfnisse arbeiten, „für die wir uns in diesem Unternehmen entschlossen haben da zu sein“. Und für die wir immer neue und andere Lösungen finden wollen in Übereinstimmung mit unserer spezifischen Unternehmensidentität.
Da mein erster Kommentar offenbar nicht angekommen ist, hier eine versuchte Rekonstruktion:
Bei HHP Berlin gibt es meines Wissens ein sehr ähnliches Modell (Rund – Kern – Kreise – Außenschicht). Allerdings verbildlicht dieses Modell genau umgekehrt: Hier liegen die Mitarbeiter, die an den Kunden und am Produkt arbeiten im Zentrum, Back-Office und „Management“ sind AUSSEN. Im Kern können also die Kundenbedürfnisse stehen. – Dieser Aufzug, diese Bebilderung hat rein metaphorisch gedacht (–> Hans Blumenberg: „Metaphorologie“) nach meinem Empfinden größere Chancen, ein kategoriales Umdenken auszudrücken bzw. zu bewirken. Denn beim Pfirsich-Modell, in dem „der Markt“ an „der Peripherie“ ist, sehe ich ein großes Risiko, dass der herkömmlichen Pyramide nur ein anderes Bild gegeben wurde, aber eben kein Bild, das nahelegt, dass irgendetwas prinzipiell und operativ ganz anders laufen müsste im Unternehmen. – So reden auch heute schon streng pyramidal aufgebaute Organisationen von „Zentrale“ und dies steht nicht im geringsten im Widerspruch zu „Anweisung and Kontrolle“, Top-Down-Steuerung. Das Pfirsich-Modell in dieser Variante unterstützt ein Abweichen davon kaum, hier kommen dann die Impulse nach wie vor von „Innen“ und werden „Außen“ gehorsam umgesetzt. – Dagegen erscheint es mir überaus smart, die Kunden und Produkt/Kunden-Nahen Mitarbeiter bildlich ins Zentrum des Pfirsichs zu denken. Dann bekommt das Back-Office die (angemessene) Aufgabe, der Organisation ihr Ganzes zu spiegeln, bestimmte Fragen aufzuwerfen und auf dem Tisch zu halten, aber nicht mehr: Sie zu lösen oder gar Strategien zu entwerfen. Das können in diesem Modell die Mitarbeiter „im Zentrum“ tun – Und die Aufgabe der „Außenschichten“ ist es, Ihnen genau das zu erleichtern und zu ermöglichen (enabling, facilitating but not deciding).
Liebe Grüße,
Ardalan
Hallo Ardalan,
das Zentrum-Peripherie-Modell ist auf ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig, weil es, wie du auch argumentierst, den bekannten und belegten Begriff „Zentrum“ verwendet, ihn aber grundsätzlich anders definiert als in der traditionellen Organisationslehre. Machtzentrum vs. Shop. Insofern stimme ich dir zu.
Andererseits kann mann genau darin auch eine Chance sehen, denn es zeigt eben genau das notwendige Umdenken und Neudefinieren, das Herausbilden einer neuen Sprache. Darum kommen wir nicht herum und natürlich wird es immer Menschen geben, die mit altem Denken die neuen Begriffe verwenden.
Die Unterscheidung Zentrum-Peripherie ist jedoch Teil eines größeres Denkgebäudes, nur ein Teil einer Theorie, die ich in sich so schlüssig finde, dass ich es nicht für sinnvoll halte, beim Pfirsichmodell davon abzuweichen.
Die Unterscheidung Zentrum-Peripherie geht auf Gerhard Wohland und sein Buch „Denkwerkzeuge der Höchstleister“ zurück, alle anderen, bspw. Niels Pfläging oder ich, beziehen uns letztendlich darauf.
Niels prägt auch den Begriff „Shop“ bspw. „Org-Shop“, um deutlich zu machen, dass im Zentrum Leistungen eingekauft und bezogen werden, hier also das Pull-Prinzip gilt und nicht das Push-Prinzip (als „Machtzentrale“). Beim Neudenken hilft die „Shop“-Metapher meines Erachtens, der Begriff „Shop“ lässt sich alternativ zu „Zentrum“ verwenden, wenn die Assoziation „Machtzentrum“ umgangen werden soll. Die direkte Konfrontation mit einer radikalen Umdefinition des Begriffes „Zentrum“ mag ich aber mehr, gerade um den gedanklichen Konflikt nicht zu umgehen.
LG
Bernd
Danke Dir Bernd für Deine Erläuterung! – Ich kann alles nachvollziehen und finde grade Deinen Wunsch und Mut zur Auseinandersetzung bewunderswert.
Ich möchte dennoch noch einmal zwei Dinge zu bedenken geben:
1)Im Zenrum eines Unternehmens (nicht organisatorisch, sondern „von der Sache her“) steht der Dienst am Kunden. Und den leisten diejenigen, die in Wohlands Modell „in der Peripherie“ sind. Das ist ganz klar eine Fehlkonstruktion und führt aus sich selbst heraus ins alte Modell, da kann man an Begriffen so lange schrauben, wie man will, denn Bilder sind immer wirkmächtiger als Begriffe. Das sehe ich als jemand, der 8 Jahre Ausbildung in „reiner Theoriearbeit“ hinter sich hat, relativ deutlich. Zudem müssen wir mit der „Macht der Pyramide“ rechnen, die solche Fehlkonstruktionen gerne annimmt, und das Wohland-Modell (wie vieles andere vorher) sehr gern und sehr leicht assimilieren wird (anderes Etikett drauf und darunter weiter gemacht wie bisher…)
2) Begriffe sind weniger leicht umzudenken und neue Sprachen weniger leicht zu erfinden als man meinen könnte. Wenn man mal einen Kurz-Eindruck davon bekommen möchte „wie widerständig“ Sprache und Sprachbilder sein können, empfehle ich „Paradigmen zu einer Metaphorologie“ von Hans Blumenberg. – Blumenberg war Begriffsgeschichtler und ist einer der Philosophen, von denen ich am meisten gelernt habe. Blumenberg war der erste, der sich Theorie über einen konsequenten Blick auf die Bilder, die sie verwendet genähert hat. – Er beschreibt dabei den Sieg des sprachlichen Bilds über die Absicht des Begriffsschmieds in zahlreichen Büchern, u.a. auch in „Schiffbruch mit Zuschauer“ und in dem – für Hardcore-Theoretiker wie mich – sehr schönen „Das Lachen der Thrakerin“.
Summa summarum: Das Pfirsich-Modell ist großartig. Aber das Kern ist der Kern und die Haut ist die Haut… ;)
Übrigens wird das Bild in zahlreichen Quellen bereits verwendet, ohne auf Wohland Bezug zu nehmen (z.B. auch hier: . Das Bild vom Unternehmen als Kreis scheint also irgendwie „an der Zeit“ zu sein, denn es ist typisch für das „Zeitgemäße“ dass es dann plötzlich an mehreren Orten unabhängig voneinander entsteht…
Lieben Gruß,
Ardalan
Hallo Ardalan,
ich stimme dir zu. Und welche Begrifflichkeiten und auch Konzepte sich letztendlich durchsetzen, halte ich auch für offen. Mich erinnert das alles an die Geschichte der agilen Softwareentwicklung, wo wir Ende der 1990er Jahre, Anfang der 2000er und heute jeweils andere Begrifflichkeiten verwendet haben. Und sich im Markt schließlich Begriffe und Metaphern etabliert haben, die unpassend und schief sind. Beispielsweise der Begriff „Sprint“ statt „Iteration“, wo doch ein Sprint ein Einmallauf ist, während es in Scrum ja tatsächlich eher wie beim Dauerlauf oder Marathon weiter geht. Es gibt auch noch andere Beispiele. Und so wie es beim agilen Projektmanagement/Scrum über 10 Jahre von den Pionieren bis zur Selbstverständlichkeit gebraucht hat, werden wir beim neuen Organisationsmanagement auch noch ne Weile brauchen schätze ich.
Statt Pfirsich sprechen andere ja auch vom Pizza-Modell, was ich aber auch nicht wirklich überzeugend finde.
Runde Elemente und so etwas samtiges und saftiges wie ein Pfirsich ist halt gut anschlussfähig und sympathisch und kommt im Hirn wohl besser an […]
Vielen Dank für deine Anregungen.
LG, Bernd
Danke Dir! – Wir leben in jedem Fall in sehr, sehr spannenden Zeiten. Ich lerne am meisten von Praktikern, die wie bei OOSE neue Dinge ausprobieren und am eigenen Leib erleiden und genießen, was für sie funktioniert und was nicht. Davor habe ich tiefsten Respekt.
Obwohl ich also das „Realgeschehen“ jederzeit über jedes Modell, jede Theorie, jeden Begriff und jedes Bild stellen würde, freu ich mich, wenn Du mal ein Blick auf das hier wirfst und mir dann hier oder andernorts Dein Feedback dazu zukommen lässt:
http://ilwyc.wordpress.com/2014/09/08/die-entstorung-der-individuellen-beziehung-der-mitunternehmer-zur-unternehmens-mission/
Herzlichen Gruß und Danke nochmals für Deine Erläuterungen! :-)
Ardalan
Hi Ardalan,
ja mache ich, aber nicht in den nächsten 1 – 2 Wochen, bin unterwegs.
Bernd
Hallo Bernd,
schau mal hier:
http://www.mintzberg.org/blog/bottom-management
Dieser Blog-Beitrag (Danke an Bastian Wilkat, von dem der Hinweis auf Twitter stammt) ist genau das, was ich befürchte.
Er bringt auf den Punkt, WIE sich die klassisch strukturierte Organisation SEHR EFFEKTIV gegen das Pfirsich-Modell in der Fassung von Wohland immunisieren kann: Aus „Top“ wird „Central“ – und fertig ist die Laube…
Meine These: Dadurch ändert sich überhaupt nichts. Es werden nur Bezeichnungen ausgetauscht, ohne impacht auf die Beziehungs- und Entscheidungsstrukturen im Unternehmen.
Diese Selbst-Immunisierung ist nicht GANZ SO einfach, wenn man es so macht wie HHP Berlin und sagt: Die Kundenbedürfnisse sind im Zentrum, die Kunden- und Produktmitunternehmer sind nah am Zentrum und das Back-Office (formerly known as „management“) ist im „outer rim“.
Für mich eindeutig eine überlegenes Bild, von der erwartbaren Wirkung her: Es irritiert stärker und löst mehr aus.
Was meinst Du dazu?
Danke Dir und LG!
Ardalan
Für mich ist es nicht schlüssig und hilfreich, den Kunden in die Mitte zu stellen.
Solange ich nur das Unternehmen im engeren Rahmen betrachte klingt es natürlich toll, „den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen“, was allzu oft nur eine hohle Phrase ist und entsprechende Reflexe bedient.
Innen und Außen ist beim Pfirsichmodell ein Aspekt. Der andere, der im Kontext deiner Frage auch relevant ist, ist die Zugrichtung: wird von Innen nach Außen angewiesen (Push) oder von Außen nach Innen angefordert (Pull)?
Soll aus „Top“ doch ruhig „Zentrale“ werden. Oft sind es ja auch wirklich Zentralen. Ein Logistikzentrum bei dem dm Drogeriemarkt ist ein Zentrum. Und HR, Buchhaltung und Marketing sind auch in einem Zentrum.
Wesentlicher erscheint mir die Richtung der Macht. Das Zentrum ist Dienstleister. Deswegen spricht Niels Pfläging bspw. vom „Org-Shop“. Und der Vorstand ist auch nur ein „Shop“. Er ist deswegen nicht weniger wichtig, ganz im Gegenteil, er bietet den peripheren Kreisen/Zellen/Filialen ganz wichtige übergreifende Leistungen.
Und gleichzeitig ist eine gewisse Paradoxie anzuerkennen, denn die Inhaber eines Unternehmens haben in vielen Rechtsformen eine nicht zu eliminierende Macht. In der GmbH können sie der Geschäftsführung (und bezogen auf ein Pfirsichmodell also ALLEN) Anweisungen erteilen. In der AG können die Inhaber immerhin die Geschäftsführung bestimmen. Insofern ist die Machtumkehr im Pfirsichmodell oft eine (reversible) und gewisserweise willkürliche Entscheidung der Inhaber. Deswegen stehen für mich im Zentrum immer die Gesellschafter, dann übergreifende, oft spezialisierte und nach Disziplinen gebündelte Führungs-Shops (HR, GF etc.) und dann kommt zum Rand hin die direkte Wertschöpfung. Das soziokratische Kreismodell und Holacracy erscheinen mir kompatibel dazu.